Aggressives Verhalten gegenüber Geschwisterkindern

Wenn Kinder aggressives Verhalten gegenüber dem Geschwisterkind zeigen

Eltern fragen sich was los ist, wenn ihr ältestes Kind plötzlich aggressiv gegenüber dem Geschwisterkind wird. Diese Aggressionen scheinen aus dem Nichts zu kommen. Das ältere Kind schupst oder haut beispielsweise beim Vorbeigehen das Kleinere. Es stößt es um, wenn sie nebeneinander stehen. Oder es zerstört einen aufgebauten Turm oder eine Zeichnung der kleinen Schwester oder des kleinen Bruders. Dies alles kommt aus dem Nichts. Es gibt für die Eltern keine offensichtliche Begründung, keinen bestimmten Anlass.

Viele Eltern sind bemüht und wollen das Beste für ihre Kinder. Daher versuchen sie, auch wenn es schwierig ist, das ältere Kind nicht zu schimpfen. Es versuchen es mit klarer Kommunikation wie um Beispiel: „Ich möchte nicht, dass du deine Geschwister verletzt.“ Doch es hilft nicht. Auch Erklärungen und Ermahnungen helfen nicht. Irgendwann ist das Fass für die Eltern voll und sie schimpfen doch. Aber auch das hilft nichts. Was also tun? Meine Gegenfrage dazu ist: Was will das Kind den Eltern mit seinem Verhalten sagen? Dies zu verstehen ist meiner Meinung nach der Schlüssel um die Situation zu lösen.

Was will das Kind mit seinem aggressiven Verhalten gegenüber dem Geschwisterkind sagen?

Kinder haben sehr feine Antennen. Sie nehmen so viel zwischen den Zeilen wahr und spüren Dinge, die wir Erwachsen nicht mehr fühlen. Das liegt meiner Meinung nach daran, dass sie noch sehr gut mit sich selbst und ihrer Intuition verbunden sind. Folglich haut oder schupst das ältere Kind das Jüngere nicht absichtlich, sondern will mit seinem Verhalten den Eltern etwas sagen.

„Mama, spürst du denn nicht wie sehr dich mein kleines Geschwisterchen vereinnahmt? Ich habe das Gefühl du brauchst eine Pause und etwas mehr Abstand von meinem Bruder / meiner Schwester.“

Das ist eine mögliche Erklärung für aggressives Verhalten von Kindern gegenüber ihren jüngeren Geschwistern und typisch, wenn die Aggressionen aus dem Nichts kommen d.h. es keine Interaktion mit dem Geschwisterchen vorher gab und wenn die Mutter sich in letzter Zeit viel um die Kinder alleine gekümmert hat – vor allem um das jüngere Kind.

Mit zwei oder mehreren kleinen Kindern zu Hause und ohne oder wenig Unterstützung vom Partner und Umfeld, ist es oft der Fall das Mütter „nur noch funktionieren“. Sie kümmern sich liebevoll um die Kinder, den Haushalt und geben alles. Doch dabei sie vergessen auf sich selbst – auf das was sie selber brauchen – ihre persönlichen Grenzen und Bedürfnisse.

Kinder spüren dies. Sie möchten, dass es ihrer Mama gut geht und machen durch ihr Verhalten die Mutter auf das was ihr gerade fehlt, was sie unterdrückt oder wegschiebt aufmerksam. Eine Möglichkeit dies auszudrücken ist das kleinere Geschwisterchen zu schupsen, wegzustoßen um zu zeigen, dass es um Abstand und Abgrenzung geht.

„Abgrenzung heißt für mich wieder mehr auf mich selbst zu achten und zu schauen was ich brauche.“

Die persönlichen Grenzen der Mutter sind für die Kinder wichtig, denn sie geben dem Kind im Alltag Orientierung. Außerdem zeigt die Mutter durch ihre persönlichen Grenzen wer ist und was sie ausmacht. Genau das brauchen Kinder und wenn sie das nicht bekommen, dann machen sie mit ihrem Verhalten darauf aufmerksam. Sie beginnen die Grenzen von anderen Familienmitgliedern – der Mutter selbst oder von Geschwistern oder dem Vater – zu übertreten. Wenn dich das Thema persönliche Grenzen interessiert, dann schau mal hier.

Was tun, wenn das Kind ein aggressives verhalten gegenüber dem Geschwisterkind zeigt?

Sich um das dahinterliegende Thema kümmern

Wenn es tatsächlich darum geht, dass die Mutter zu sehr für ihre Familie da ist und dabei nicht auf ihre eigenen Bedürfnisse achtet, dann hilft Selbstfürsorge. Es geht darum als Mama wieder mehr auf sich und seine Bedürfnisse zu achten.

„Was brauche ich jetzt? Was tut mir gut? Was tut mir nicht gut? Wie kann ich im Alltag gut auf mich schauen?“

Diese Selbstfürsorge, das kümmern um sich selbst und seine Bedürfnisse, ist meiner Meinung nach aus ein Bestandteil der bedürfnisorientierten Erziehung. Denn dabei geht es die Bedürfnisse ALLER Familienmitglieder zu beachten und abzuwiegen wer nun das dringlichere Bedürfnis hat und welches erfüllt werden sollte. Meiner Erfahrung nach wird das von vielen Müttern falsch verstanden, sie stellen die Bedürfnisse der Kinder in den Mittelpunkt und unterdrücken oder übergehen dabei ihre eigenen Bedürfnisse.

Wenn den Müttern es gelingt das dahinterliegende Thema der Selbstfürsorge zu erkennen und zu verändern, dann löst sich das aggressive Verhalten des Kindes gegenüber dem jüngeren Geschwisterchen von selbst auf. Vorausgesetzt Selbstfürsorge ist das Thema, denn jede Familie ist sehr individuell und daher kann es sein, dass es bei einer Familie um etwas anderes geht.

Da dies ein Prozess ist und einige Zeit dauern wird, bleibt die Frage wie Eltern kurzfristig mit der Aggression des Kindes umgehen können.

Das aggressive Verhalten gegenüber dem Geschwisterkind anerkennen

Kinder wissen sehr wohl, dass es falsch ist seine Geschwister zu hauen, zu schupsen oder zu stoßen. Daher bringen meiner Meinung nach Erklärungen, Ermahnungen und auch persönliche Botschaften wie eingangs erwähnt wenig.

Ich rate Eltern anzusprechen was gerade das Thema ist. Zum Beispiel:

  • „Ich habe das Gefühl, dass du mir mit deinem Verhalten etwas sagen willst. Aber ich weiß noch nicht was. Ich brauche noch etwas Zeit das herauszufinden.“
  • Wenn das Kind schon älter und sprachgewandt ist, können Eltern hinzufügen: „Kannst du mir da weiterhelfen?“
  • Oder „Ich habe das Gefühl, du willst mir mit dem Stoßen von dem Geschwisterchen sagen, dass ich mich besser von ihm abgrenzen soll. Ich glaube ich sollte besser auf mich selbst schauen und nicht immer so viel für deinen Bruder/deine Schwester machen. Das ist für mich nicht so einfach und dafür brauche ich noch etwas Zeit.“

Mit solchen oder ähnlichen Aussagen erkennen die Eltern das Verhalten des Kindes an. Es wird dem Kind Anerkennung und Wertschätzung für sein Verhalten entgegengebracht. Es fühlt sich verstanden. Dies kann die Situation zusätzlich entspannen.

Wichtig ist mir zu betonen, dass diese Botschaften aus dem Herzen kommen müssen. Sie müssen echt und ernst gemeint sein. Wenn sie als Strategie verwendet werden, damit das Kind aufhört das Geschwisterkind zu stoßen, dann wird es nicht funktionieren. Es braucht die ehrliche und echt Überzeugung, dass das Kind und sein Verhalten verstanden wird und der Wille da ist die Situation zu verändern.

Was verändert sich?

Meist wird die Situation besser, sobald das Thema erkannt und angenommen wurde. Das heißt das Verhalten des älteren Kindes verändert sich. Die Aggression kann weniger oft oder weniger hart sein. Allerdings ist das allgemein gesprochen schwer vorhersagbar, denn es hängt immer von der individuellen Situation der Familie ab.

Gewiss ist jedoch, dass das aggressive Verhalten sich auflösen wird, wenn sich die Mutter besser abgrenzt und besser für sich selbst sorgt. Denn eines weiß ich aus persönlicher und beruflicher Erfahrung: Wenn Eltern vor allem aber Mütter gut auf sich schauen, dann geht es den Kindern gut. Der Familienalltag entspannt sich und die Mutter hat auch mehr Kraft, Gelassenheit und Geduld für die alltäglichen Herausforderungen mit den Kindern. Dies wirkt positiv auf die Atmosphäre in der Familie und macht das Leben miteinander entspannter und leichter.

Streiten deine Kinder auch oft und hast du das Gefühl, dass es ein dahinterliegendes Thema gibt? Möchtest du das non-verbale Verhalten – die Aggression gegenüber dem Geschwisterkind verstehen? Dann ruf mich an unter 0650/7970800 oder schreib mir eine Nachricht an office@miteinander-wachsen.at. Ich freue mich, wenn ich dich und deine Familie bei eurem Weg begleiten und beraten darf.

Wenn du dich für die non-verbalen Signale deines Kindes interessierst, dann schau mal in der Blog-Kategorie non-verbales Verhalten verstehen oder informiere dich über eine Beratung bei mir.

Beitragsbild: Ryan Fields auf www.unsplash.com

2021-11-12T15:06:42+01:0030. Oktober 2021|non-verbales Verhalten Verstehen|
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