„Das tut man nicht!“
Ein Satz, den du wahrscheinlich aus deiner Kindheit kennst. Aus meiner Sicht ein typischer Satz der autoritären Erziehung, die viele von uns erlebt haben. Und daher uns auch als Eltern immer wieder bewusst oder unbewusst über die Lippen kommt, wenn das Kind etwas macht, was „man nicht tut“.
Doch wer sagt was man nicht tut oder darf eigentlich? Ich denke diese Frage ist es wert zu reflektieren.
Was Kinder nicht machen sollten,…
…weil „man es nicht tut.“ Das Kind soll nicht beim Tisch herumwetzen oder mit den Fingern essen, sondern brav und ordentlich essen. Es soll zusammen essen. Das Kind soll nicht laut sein, wenn Erwachsene sprechen. Grüßen, sich verabschieden und Bitte und Danke sagen ist ein Kennzeichen für ein gut erzogenes Kind. Das Kind soll nicht in einem Geschäft lachen, tanzen oder herumspringen. Die Liste ist lang und ich möchte sie nicht weiter fortsetzen, denn ich glaube du weißt was ich meine.
Doch was können Eltern anderes sagen oder machen?
Meiner Erfahrung nach geschieht es unbewusst, dass Eltern zu ihren Kindern sagen: „Hör auf! Das macht man nicht!“ Doch wie können Eltern sich anders verhalten, wenn sie diesen Satz erkennen und darüber reflektieren? Eltern brauchen nichts zu tun „außer“ zu beobachten und abzuwarten. Wie reagieren die anderen Personen auf das Kind? Was macht das Kind weiter? Neben dem Beobachten geht es auch darum, die für Eltern unangenehme Situation auszuhalten. Denn bei ihnen kommt wahrscheinlich der Gedanke „Das tut man nicht.“ Sie fühlen sich womöglich als „schlechte“ Eltern, die ihr Kind nicht gut erzogen habe. Vielleicht fühlen sie sich blamiert oder beschämt.
Doch wenn Eltern es schaffen, einen Moment inne zu halten, die Situation zu beobachten und ihre unangenehme Gefühle auszuhalten, löst sich die Situation meiner Erfahrung nach von alleine. Aus meiner Sicht gibt es zwei Lösungsszenarien: 1. Es stört die anderen Personen gar nicht. 2. Die andere Person äußert ihre persönliche Grenze und das Kind akzeptiert diese. Dazu ein persönliches Beispiel.
Klettern auf der Theke
Mein Kind liebt es in den Geschäften auf die Theke zu klettern vor allem auf die Handtaschenablage, da es klettern sehr gerne mag und sehr neugierig ist. Von unten kann es zu wenige beobachten was ich da oben machen bzw. was es hinter der Theke alles so gibt. Früher habe ich gesagt: „Das macht man nicht!“ und es runter gehoben. Doch das endete in einer Diskussion oder Protest und die Situation wurde oft anstrengend. Als ich darüber reflektierte, beschloss ich es anders zu machen. Ich dachte mir: „Es ist nicht meine Theke. Wenn es die Verkäufer stört, können sie es gerne äußern und wir halten uns daran.“ Immerhin geht es hier um die persönliche Grenze des Verkäufers. Seitdem ich so handle gibt es die zwei besagten Optionen: 1. Es stört niemanden und es passiert gar nichts. Außer dass mein Kind Spaß hat und ich in Ruhe meine Angelegenheit erledigen kann. 2. Die Person stört es und äußert ihren Unmut darüber. Dann klettert mein Kind von allein runter und beginnt sich anderweitig zu beschäftigen. Ab und zu merke ich, dass es die andere Person stört, aber sie zu höflich ist um etwas zu sagen. Dann greife ich ein und signalisiere meinem Kind, dass es jetzt nicht passt, dass es auf die Theke klettert.
Was lernt das Kind dabei?
Bei so einer Haltung der Eltern lernen die Kinder: zum einen erfahren sie Freiheit und Selbstbestimmung, da sie sich frei bewegen und handeln können. Sie können ihrer Intuition folgen. Zum anderen erleben sie die persönlichen Grenzen von anderen Menschen. Das tut gut, denn so spüren sie, dass es okay ist persönliche Grenzen zu äußern und diese von anderen zu akzeptieren. Ich denke, das sind wichtige Werte für das Leben. Und die Eltern haben die Chance unangenehme Situationen und Gefühle für sich zu verändern und so mehr Freiheit und Unbeschwertheit zu erfahren.
Beitragsbild von canva.com